Ausgewählte Artikel aus der Mitgliederzeitschrift "FORUM" vermitteln die Philosophie der Deutschen HörbehindertenSelbsthilfe e.V. sicher am besten.
Die Themen reichen vom Leben mit der Schwerhörigkeit und ihren Folgen über Tipps zur Kommunikationstaktik oder Aktivitäten von Selbsthilfegruppen bis hin zu Erlebnisberichten aus Rehas und vielen weiteren Themen.
Viel Spaß beim Stöbern!
Rund um Selbsthilfegruppenarbeit, Themen, Problembewältigung und Selbstdarstellung
Kurzreport vom RUNDEN TISCH SHG 2008 und den Ergebnissen der Kleingruppenarbeit FORUM 29/30
RUNDER TISCH SHG und Supervision für Gruppensprecher
Mit Unterstützung der Helios-Klinik „Am Stiftsberg“ haben wir wieder beste Arbeitsbedingungen für unseren Austausch auf SHG-Ebene angetroffen; mit zwölf Teilnehmern ist unser Angebot zum RUNDEN TISCH SHG sehr gut aufgenommen worden, und drei neue Gruppensprecher bereicherten unseren Austausch.
Alle SHG-Sprecher kamen in ausführlichen Selbstdarstellung zu Wort, wobei sowohl persönliche Bilder als auch Informationen über die Gruppe und ihre Arbeit auf den TISCH kamen.
Die momentan etwas belastende Situation mit der ungeklärten Selbsthilfeförderung wurde besprochen, und Tipps aus der Praxis für die Praxis gingen hin und her.
Da war am Ende die Zeit dann etwas knapp für unseren Plan, die SHG-Studie "Hören" von Herrn Dr. Koch-Bode für die SHG-Arbeit auszuwerten. Dennoch haben wir hier einiges erarbeitet.
SHG-Studie „Hören“ - wir machen was daraus!
Unter diesem Motto haben wir uns am „RUNDEN TISCH SHG“ im Mai in Bad Grönenbach mit der Studie von Dr. Koch-Bode beschäftigt.
Über die Ergebnisse dieser Gemeinschaftsarbeit darf ich Euch hier berichten und möchte mich zunächst einmal bei den Mitstreitern „am Tisch“ bedanken für ihre engagierte Mitarbeit: Regina Klein-Hitpass, Margit Gamberoni, Thomas Kluck, Sonja Renken, Elke Kraft, Erika Kläner, Ella von Briel, Anneliese Mayer, Ursula Schulze, Karola Bittner und Rainer Schertler.
Aus dem in FORUM 29 veröffentlichten Texten hatte ich als Arbeitsgrundlage folgende Teilergebnisse der Studie herausgegriffen und mit einer Frage versehen zur Diskussion gestellt:
1. Chance auf Kontakt zu Gleichbetroffenen
Wie stellt die SHG sicher, dass Kontakt mit der SHG möglich wird ?
2. Beweggrund: Problembewältigung
Wie geht das in Eurer SHG? Wie könnte es evtl. auch anders gehen?
3. Erfahrungen aufnehmen und geben
„Produktive Kommunikation“ - was ist das für Euch?
4. Selbstdarstellung
Welchen Raum geben wir anderen in der Gruppe? Wo setzen wir Grenzen?
5. Themenkatalog für die SHG
Unsere Ideen
Die Teilnehmer wählten die Fragen zu den Punkten 2. Problembewältigung, 4. Selbstdarstellung und 5. Themenkatalog zur Bearbeitung in Kleingruppen und hier sind die Ergebnisse:
PROBLEMBEWÄLTIGUNG – WAS MACHEN WIR DA?
(erarbeitet von Regina, Ella und Anneliese)
A) Problem in „Scheiben“ schneiden
- Sich öffentlich „outen“ als Schwerhörige(r)
- Verstehen und sich verstanden fühlen – gegenseitige Rücksichtnahme
- Angenommen werden, so wie man ist – Akzeptanz untereinander
- Ballast abwerfen – über die Probleme reden können in der Gruppe ist befreiend
- Neues Selbstvertrauen finden
- Neue Kommunikationsform finden
B) Spiegelbild – (Selbst)-Reflexion
- Bewusstheit, nicht allein zu sein mit dem Problem
- Erkennen der eigenen Stärken (trotz Behinderung) und JA zu den Schwächen
- Ressourcen erkennen und für besseren Umgang mit Schwerhörigkeit nutzen
C) in der Gruppe
- Alle mitnehmen und sich am schwächsten Mitglied (Hörstatus) orientieren
- Festlegen: wie gehen wir miteinander um? Regeln aufstellen.
- Blitzlicht am Anfang bzw. Ende der Stunde: persönliches Befinden bzw. Erleben der Stunde
SELBSTDARSTELLUNG – WELCHEN RAUM GEBEN WIIR ANDEREN IN DER GRUPPEN?
(erarbeitet von Elke, Sonja und Thomas)
A) Was ist für uns Selbstdarstellung? (SD)
- Mit Selbstdarstellung (SD) ist persönliche Selbstdarstellung eines jeden Gruppenmitglieds gemeint, so wie es Koch-Bode versteht (Etablierung eines bestimmten Selbstbildes, soziale Rolle, etc.).
- SD ist ein grundlegender Baustein des Selbstwertgefühls jedes Individuums.Zur SD in der Gruppe gehört, das bei Schwerhörigen typische „Versteckspiel“ zu vermeiden.
- SD wird zu einem guten Teil aus Egoismus gespeist.
B) Wie lassen wir SD in der Gruppe zu?
- „Wohlfühlklima“ schaffen: Technische Voraussetzungen schaffen (Induktions- oder FM-Anlage), räumliche Voraussetzungen schaffen (Räume ohne Echo Hall ist „tödlich“ für Gruppenarbeit, kann nur zum Teil durch gute Technik ausgeglichen werden).
- Der Gruppenleiter sollte im Zweifelsfall (z.B. bei Zeitdruck) sich selbst heraus nehmen und seine Belange zurückstellen: Raum schaffen für andere!
- Der Mensch soll so gesehen, angenommen und akzeptiert werden, wie er ist.
- Gesagtes wird nicht einfach im Raum stehen gelassen. Eine Rückmeldung in Form einer Antwort (auch Kritik) ist wichtig. Der Betreffende sollte das Gefühl haben, ernst genommen zu werden. Auch Kritik zeigt dem Selbstdarstellenden, dass man sich mit ihm beschäftigt.
- SD kann nur gelingen im Zusammenhang mit Rückmeldung, egal ob positiv oder negativ; ohne Feedback ist Selbstdarstellung sinnlos und verletzend.
- Neues sollte unvoreingenommen akzeptiert werden, ebenso unterschiedliche Meinungen. Dadurch gibt man anderen Raum. Akzeptieren heißt nicht unbedingt Zustimmung, sondern ist Bestätigung, den anderen in seinem „So-Sein“ zu sehen.
- Hiermit verbunden ist natürlich direkt die Anerkennung des anderen, unabhängig davon, ob wir die Meinung teilen oder nicht. Nur wer anerkannt wird, kann sich wohlfühlen und kommt wieder.
C) Wo setzen wir Grenzen für die Selbstdarstellung?
- Wenn jemand (wie Anne eben so schön formulierte..) in seiner SD zur Hochform aufläuft. Hier, wie auch im Fall von starkem Egoismus, muss der Sprecher oder ein anderes Gruppenmitglied Grenzen setzen, um die anderen zu „schützen“, d.h. ihnen ebenfalls Raum zur SD zu geben.
- Gehörlose in der Gruppe, die sich mittels DGS unterhalten, können eine Überforderung in einer Gruppe mit Schwerhörigen sein. Eine SHG ist grundsätzlich offen, muss aber Neuzugängen auch die eigenen Grenzen offenbaren, z.B. dass mit Technik, LBG und Sprache kommuniziert wird. Außerhalb dieses Rahmens, den sich die Gruppe setzt, ist kein Platz für SD.
- Ausufernde Ausführungen und endlose Reden, selbst wenn sie wichtig für den gerade Redenden erscheinen, müssen in Grenzer gewiesen werden, um den
Raum auch für andere zu haben.
D) Unser Resumée
- Weil Selbstdarstellung (SD) so stark an die Identifikation und das Selbstwertgefühl des Einzelnen gebunden ist, erfordert es besonderes Fingerspitzengefühl, zu entscheiden, was man zulässt und wo man abbricht. So kann es u. U. im Gegensatz zu oben Gesagtem durchaus sinnvoll sein, selbst „Arien“ in epischer Breite zuzulassen, wenn die Gruppe damit einverstanden ist.
- Selbstdarstellung (SD) durchzieht fest die gesamte Gruppenarbeit, jeder Versuch eines Redebeitrages kann als SD gewertet werden, mit dem der Betreffende seine Rolle und sein Selbstverständnis in der Gruppe ausloten möchte. SD beschränkt sich allerdings nicht allein auf verbale Kommunikation.
THEMENKATALOG FÜR DIE SHGS – UNSERE IDEEN
(erarbeitet von Margit, Ursula, Karola und Rainer)
- Medizinisch-technische Aufklärung:
Arzt und /oder Hörgeräte-Akustiker einladen, Logopädin; Audiotherapeutin; Hörtraining und Absehkurse organisieren - Arbeitsrecht:
Fragen an Integrationsamt, Krankenkasse, Partitätischer Wohlfahrtsverband; wie beantrage ich eine Reha; Umgang mit Rententräger; - Psycho-soziale Arbeit:
Kommunikationsmodelle vorstellen (Psychologin, Jochen Müller (BG), Olaf Biemann und Lorenz Lange (RD); Reha-Einrichtungen stellen sich vor; Selbstbewusstsein / Identitätsprobleme thematisieren; Beispiele und Themen aus dem DHS-FORUM, Angebote für Paare (guthörend/schwerhörig); Fachliteratur auswerten (z.B. „Wieder besser Hören“ von der Stiftung Warentest : von der SHG kaufen und jedes SHG-Mitglied bearbeitet nach und nach 1 Kapitel) - Freizeit:
Wanderung, Ausfahrten per Rad, Kegeln, Geburtstagsfeier, Weihnachtsfeier, Sommer-/Grillfest, Stadtführung, - „kein Themen“-Tag:
freier Raum für „eigenes Thema“ jedes Gruppenmitglieds und Erfahrungsaustausch; wichtig: Raum geben – sich selbst einzubringen.
Vielleicht ist hier auch die eine oder andere Anregung für eure SHG-Arbeit dabei – dann hätte sich unsere Arbeit doppelt gelohnt!!
Viel Erfolg beim Ausprobieren und Aufspüren von weiteren Möglichkeiten!
Bericht und Fotos: Anne Jung
Kurzreport (PDF-Dokument) vom RUNDEN TISCH SHG 2008 aus dem Forum 29 / 30
DHS HERBSTSEMINAR 2005 - Meine vielen Gesichter
Drei Rückmeldungen zum DHS-HERBSTSEMINAR 2005 und Online-Tagebuch zu diesem Seminar (Danke an Verena und Dagmar für die Bereitstellung der Fotos, IR).
Thema: ...meine vielen Gesichter
von Christine Schiffer, Erkrath
Da hatte mich Anne doch angesprochen, ob ich Lust hätte, einige Zeilen über das HERBSTSEMINAR aufs Papier zu bringen. Ich als Schriftsteller – entsprechend zum Seminarthema – noch ein Gesicht.
Der obligatorische Ausflug beim Seminar ging, für die am Donnerstag schon angereisten, am Freitagmorgen per Schiff nach Linz, mit genügend Aufenthalt, das Städtchen zu besichtigen. Zwischendurch traf sich ein großer Teil zum Mittagessen in einem vorher abgestimmten Restaurant– doch das ist alles schon wieder eine andere schöne Geschichte.
Das Buch zum Thema hatte ich nicht gelesen und die Schriftstellerin selber ist mir auch nicht so geläufig, wie der Simmel oder der Kästner. Es ging ja auch nicht um Bücher, sondern um uns, uns Anwesende und das was wir sind, was wir empfinden, um unser Inneres: „Ich bin".
Als Dozenten der Ingard (Prof. Langer), manch einem, der letztes Jahr dabei war, auch bekannt vom Herbstseminar 2004. Oliver war in diesem Jahr verhindert. Dafür hatten wir „lebhaften" Ersatz durch Peter (Dieler) aus Bad Berleburg - selber auch so ein nettes Schlappohr. Die Dozenten kannten sich also mit uns „Schlappohren" schon richtig gut aus. Da brauchten wir keine Aufklärungsarbeit zu leisten.
Käthe und Martina waren wieder da mit ihren fliegenden Händen und dolmetschten, dass die Luft rauschte. Monika saß vor der Tastatur und ratterte sich was ab. Also – was die immer alles mitbekommt so als „Normalhörende" – echt erschreckend viel – vor allem auch die Zwischenrufe, die uns immer wieder alle zum Lachen brachten.
Die Technik funktionierte und so konnte jeder mithören und dadurch auch voll mitmachen, besonders, nachdem der Sprecher dann immer neben Käthe oder Marina stand.
Es gab sehr viel Gruppenarbeit, die von jedem den vollen Einsatz forderte. Wenn ich so bedenke, es ist gar nicht leicht, sein Wesen für andere zu öffnen und im Endeffekt – so ist es doch, über Hoffnungen, Träume und Wünsche zu sprechen. Wer bin ich. Wie sehe ich mich.
Der Freitagabend startet dann mit der allgemeinen Vorstellungsrunde und den Erwartungen jedes Einzelnen zum und vom Seminar.
Es wurde noch kurz was vorgelesen aus dem Buch: Meine vielen Gesichter. Jeder erhielt eine Kopie, damit wir es noch einfacher hatten und auch was für daheim mitnehmen konnten.
Damit war der Freitag dann auch schon erledigt – und wir auch – vom Ganz-Tagesausflug bei dem wunderbaren Wetter, wo schon so viel erzählt und gehört wurde und der Seminareinführung.
Am nächsten Morgen ging es dann nach dem Frühstück voll weiter. Vorwiegend wurden die einzelnen Schritte in Gruppen erarbeitet. Anschließend konnte, wer wollte, sich auch vor der gesamten Mannschaft dazu äußern.
Über Regeln, Vorbilder und Spiegelbilder
Welche Regeln habe ich mal als Kind/Heranwachsender mit auf den Weg bekommen? Auch damit hatten wir uns auseinanderzusetzen und mussten uns darin versuchen, was von diesen Regeln/Vorschriften aus alten Tagen heute noch in unserem Leben Bestand hat.
Was hat sich verändert seit der Kindheit? Die Begriffe wie „negativ" oder „positiv", „gut" oder „schlecht", konnten wir anhand von Personen, die uns als Vorbild dienen oder als abschreckendes Beispiel testen.
Gibt es nicht auch Situationen, in denen die schlechten Eigenschaften, die wir bei anderen Menschen so rigoros ablehnen, von uns bewusst auch eingesetzt werden?
Erschreckende Erkenntnis – ja, das machen wir ja auch. Das Spiegelbild klappte auch mit den so genannten „guten" Eigenschaften.
Kein gut – kein schlecht. Alles austauschbar. Keine Wertung der Sachen, weil ich halt eben auch stinkwütend sein kann und darf.
Jeder zeigte uns sein „sicheres" Gesicht, seine Seiten, mit denen er oder sie im Leben bisher am besten gefahren ist.
Anderseits trauten wir uns dann auch, die für uns selber nicht so sichere Seite allen Anwesenden auch zu zeigen. Zu zeigen deshalb, weil wir diese zwei Gesichter auf Karten offen vor uns hinhielten und anschließend mit verschiedenen ausgesuchten Gesprächspartnern jeweils im Vier-Augen-Prinzip besprechen konnten. Was waren wir alle mutig. Keiner hat gekniffen.
Ressourcen und Bezugspunkte
Als letzte Gruppenarbeit : die universellen menschlichen Ressourcen. Hier bestand die Aufgabe/Überlegung darin, die eigenen einzelnen Gefühlswelten zu füllen. Vorgegeben waren die Begriffe: spirituell, interaktive Bezugspunkte in der Freizeit oder bei der Arbeit, Nahrungspunkte – aus Essen, Psyche oder Umwelt, das mitmenschliche Miteinander, Sinnlichkeit, Emotionalität, Intellektualität und psychische Gegebenheiten.
Das liest sich schrecklich, die Worte auf dem Blatt waren noch schlimmer und mussten erst einmal übersetzt werden.
Dann ging es zum Seminarende und es folgten die Rituale des Abschiednehmens. Ich selber bin kein Freund von langen Abschieden – aber auch hier von mir noch einmal recht herzlichen Dank an alle, die mir die Teilnahme an diesem Seminar zu einem echten tollen Erlebnis gemacht haben.
Ich habe viel gelernt – über mich für mich. Dabei habe ich aus der Gruppe sehr viel Hilfe und auch positive Rückmeldungen erhalten. Ich freue mich auf nächstes Jahr. Macht weiter so.
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Anstrengender Ablauf - aber genau richtig so!
von I.S.
Ich habe für mich die Tage hier als sehr schön empfunden; ich war am Donnerstag schon angereist und fand dieses Extra-Angebot ganz super, weil ich mich langsam fallen lassen konnte und dann das Gefühl hatte, „du bist jetzt schon da", „du weißt, wo du bist".
Insgesamt war der Ablauf für mich oft richtig anstrengend und es waren bei der Arbeit auch Sachen dabei, die mir manchmal zunächst zu viel waren oder wozu ich keine Lust hatte...
Aber im Nachhinein muss ich sagen: es war genau richtig so!
Und daher meine Bitte an die DHS: fordert die Leute, auch wenn sie keine Lust haben, treibt sie nach vorne, dass sich was bewegen muss ... Es war gut, diesen „Druck" zu spüren, – und das ist gar nicht negativ.
Die beiden Referenten könnten mit stolzgeschwellter Brust nach Hause gehen... – passt aber nicht zu ihnen.
Schön war, dass Du, Peter, Dich hier auch menschlich eingebracht hast... Ich hatte den Eindruck, es war nicht nur ein Job, den Du hier gemacht hast.
Inghard, was mich immer gefreut hat: wenn ich dich anschaute, habe ich ein Kind gesehen, das strahlt und neugierig ist, das sich freut über alles, was es sieht und das das Strahlen auch aus den Augen lässt.
Dafür danke ich Euch
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Ich kann mir ein 'neues' Gesicht formen
Klaus-Dieter Stapel, Jahnsdorf
Ich hatte ein beklemmendes Gefühl, extra über 600 km zu diesem Seminar von Chemnitz nach Königswinter zu fahren. Die Vorstellungen zum Thema „Meine vielen Gesichter" waren vage.
Ich fuhr zum ersten Mal zu einer Veranstaltung der DHS. Wie werde ich aufgenommen, noch dazu als einziger aus Ostdeutschland? Warum eigentlich? Wo blieben die anderen Mitglieder?
Aber – die Schranken wurden schon am ersten Tag abgebaut. Ich fühlte mich immer besser.
Mein Problem hatte ich schon mit dem Seminarthema. Die Betonung auf dem „ich", so wurden wir in der DDR nicht erzogen. Als ich zum Schluss meinen Mut zusammennahm, um noch einige Worte zu verlieren, hatte ich gesagt, mit dem Satz „So bin ich, und wie ich bin, bin ich ganz in Ordnung" von Virginia Satir könne ich mich nicht identifizieren. Die, die dabei waren, wissen, warum ich es in diesem Moment so meinte.
Wenn ich abergläubisch wäre, würde ich sagen, ich hatte einen Draht zum Himmel. Er wollte mich noch nicht haben. Mindestens drei Schutzengel hatten auf der Heimfahrt die schützende Hand über mich gehalten. Ich hatte mit dem Auto einen Verkehrsunfall – und bin dem Tod von der Schippe gesprungen. Somit bin ich in der Lage, das Seminarthema neu zu durchdenken.
Ich lebe und ich kann mir jetzt ein „neues Gesicht" formen. Damit hatten meine Worte am Seminarschluss auch ein Kern Wahrheitsgehalt.