Als durchaus willkommener Nebeneffekt können die Frauen dann unter sich ungestört im Erfahrungsaustausch über uns Männer herziehen.
Ich habe oft sogar festgestellt, dass solche „organisatorischen Eingriffe“ geradezu dankbar angenommen werden. Viele meiner Freunde sind zwar nicht schwerhörig, haben aber trotzdem insbesondere mit zunehmendem Alter Probleme, aus einer Vielzahl von Schallquellen eine einzige herauszufiltern.
Mitunter ist es aber auch verblüffend, wie viele Menschen ihre Schwerhörigkeit „verstecken“ und erst eingestehen, wenn ich ihnen von meinen eigenen Hörproblemen erzähle. „Das kenne ich auch, ich muss wohl doch mal zum Ohrenarzt gehen!“
So habe ich im Laufe der Jahre gelernt, mit einigen „Tricks“ meine Schwerhörigkeit etwas erträglicher zu gestalten. Leider gibt es aber auch Situationen, wo man keine Chance hat, als Schwerhörender klarzukommen.
Bei Karnevalssitzungen beispielsweise habe ich im Vortragsteil zwar keine Probleme, weil in dieser Phase nur auf der Bühne geredet wird. Anschließend aber, wenn die Musik laut zum Tanz aufspielt und die Unterhaltung im Saal immer lauter wird, empfinde ich nur noch Krach und verstehe nichts mehr. Dann bleibt nur die Alternative Tanzfläche oder Heimweg. Auf der Tanzfläche sollen bei solchen Veranstaltungen in der Vergangenheit Männer schon fürchterlich misshandelt worden sein!
Kommunikation am Biertresen
Etwas einfacher allerdings gestaltet sich zu fortgeschrittener Stunde die Kommunikation am Biertresen: Man muss nur eine Runde bestellen und „Prost“ sagen. Das versteht jeder und nur selten wird in solchen Situationen eine kontroverse problemorientierte Debatte über komplexe Themen losgetreten. Bald schon verliert der nächste die Nerven und ordert eine neue Runde: „Prost“, das verstehe ich sogar im lauten Umfeld, denn Gestik und Lippenbewegung des Spenders sind eindeutig.
Schwieriger gestaltet sich der Smalltalk bei einem Empfang oder nach einer Vereinsversammlung. In dem allgemeinen Stimmengewirr kann auch das Hörgerät nicht mehr helfen, weil nicht nur die Stimme meines Gesprächspartners verstärkt wird, sondern alle anderen Geräuschquellen auch. Da hilft nur Zurückhaltung bei den Gesprächen, freundlich lächeln, mitunter mit dem Kopf verständnisvoll nicken und wenn man überall gesehen wurde, davonschleichen.
So wird es sicherlich immer eine Vielzahl von Situationen geben, in denen man als Schwerhörender benachteiligt ist. Das ist nun mal unser Schicksal. Es nutzt gar nichts, mit sich und der bösen Umwelt zu hadern oder sich beleidigt in den Schmollwinkel zu verziehen. Man sollte ganz einfach seine Hörbehinderung annehmen und das Beste daraus machen. Wichtig erscheint mir dabei die Erkenntnis, dass es für einen Schwerhörenden ganz normal ist, wenn man nicht mehr auf „allen Baustellen perfekt mitmischen kann“ - muss ja auch nicht sein, oder?