Das DHS HERBSTSEMINAR 2004 fand vom 24. bis 26.09.2004 in Hedersleben statt, Sie finden hier zwei Teilnehmerberichte.
THEMA: KOEXISTENZ – eine Frage von Toleranz?! Schwerhörige in einer hörenden Welt
Inge Mohrenstecher, Detmold
Zu dieser Veranstaltung fanden sich 38 TeilnehmerInnen (inkl. der beiden Referenten, zwei stellvertretenden DHS-Vorsitzenden und drei Dolmetscherinnen) aus allen Himmelsrichtungen in der Internat/Tagungsstätte im ehemaligen Zisterzienserkloster Hedersleben am Ostharz ein.
Gut organisierter Ausflug nach Quedlinburg
Die meisten konnten einander schon am Donnerstagabend begrüßen und am drauffolgenden Freitag den gut organisierten Bus-Tagesauflug in die UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt Quedlinburg mitmachen.
Beim Rundgang in zwei Gruppen gaben sich die beiden mit Mikrofon ausgerüsteten Stadtführer große Mühe, deutlich zu sprechen und Interessantes aus der Geschichte und Restaurierung der schönen alten Fachwerkstadt zu erzählen.
Nach dem gemeinsamen Lokalmittagessen konnten wir noch auf eigene Faust umherstreifen, "shoppen", Kaffee trinken oder den Schlossberg mit herrlichem Rundblick erklimmen, bevor's zum reichhaltigen Abendbuffett zurück "ins Kloster" ging.
Der Freitagabend stand ganz im Zeichen der Vorstellungsrunde und der Einführung ins Thema "Koexistenz - Hörbehinderte in einer hörenden Welt" durch den uns vom Vorjahr bereits bekannten Diplom-Psychologen Oliver Rien. Die erste Aufgabe lautete: "Schreibt auf, worauf Ihr in Eurem Leben stolz sein könnt und tauscht euch darüber jeweils zu zweit aus!"
Wie viel "Schätze" hier zusammengetragen wurden, konnten wir am Samstagmorgen auf die Leinwand "gebeamt" nachlesen! Der anschließend von drei Sprechern vorgetragene und gleichzeitig mitlesbare "Brief eines Unbekannten" berührte ebenfalls stark.
"Koexistenz" heißt Beziehung, und diese kann nur funktionieren, wenn ich auch eine gute Beziehung zu mir selbst habe.
Die innere Quelle stärken
In diesem Zusammenfang führte Herr Professor Langer (Kommunikationswissenschaftler an der Uni Hamburg) eine kleine Übung mit uns durch; einige TeilnehmerInnen äußerten ihre Schwierigkeiten, sich auf sie einzulassen und ihren Sinn zu verstehen. Anderen jedoch, auch mir persönlich, tat es gut, mal nicht konzentriert und angespannt, sondern ganz ruhig dazusitzen, tief durchzuatmen und dankbar zu spüren: "Ich bin da! Ich bin bisher durchgekommen, wenn auch mit der einen oder anderen Blessur - und werde auch weiterhin durchkommen!"
Es ist wichtig, sich der eigenen Einzigartigkeit und Mitte wie auch der eigenen Begrenzung bewusster zu sein und sich von einer inneren Quelle der Stärke und Wertschätzung her zu definieren. Selbstbewusstsein heißt nicht absichtlicher Einsatz von Macht (auf Kosten des anderen), sondern sich seiner selbst bewusst zu sein, sich zu erspüren, bei sich zu schauen. Dies ist eine gute Basis für eine nicht von Forderungen und Frustrationen, sondern von gegenseitiger Wertschätzung und Annahme geprägte und somit entspanntere Kommunikation mit anderen. Die innere Haltung: "Ich möchte dir zuhören und dich aufnehmend begleiten!" spürt der andere.
Was einer der anwesenden Hörenden in einer späteren Diskussion ganz unkompliziert sagte, hat mich sehr beeindruckt: dass er seine Partnerin in ihrer Gesamtheit und nicht nur als Behinderte sehe. Und wenn er mal das „Auf-sie-zu-sprechen" vergesse, gebe sie ihm einfach "eins ins Kreuz" - und dann sei's wieder okay.
Einer der beiden Referenten merkte später hierzu an: Liebe nimmt gelegentliche Fehler nicht so schlimm!