DHS-SPRECHERSEMINAR 2013 in Bad Grönenbach
Der schwierige Mensch und die Gewaltfreie Kommunikation (GfK)
Text und Bild von H. O.
Als Fortführung der letztjährigen Seminarrunde zur gewaltfreien Kommunikation (GfK) stand in diesem Jahr das Thema: "Der schwierige Mensch und die Gewaltfreie Kommunikation (GfK)" im Mittelpunkt:
- Was macht ein "schwieriger" Mensch mit mir?
- Wie wirke ich auf andere?
- GfK - wie drücke ich mich am besten aus, welche kommunikativen Hilfsmittel kann ich verwenden...
- Was bewirken Klatsch und Tratsch gerade bei Hörbehinderten?
- Was bedeutet GfK für meine Tätigkeit?
Referent Dr. Oliver Rien schaffte es auf erstaunliche und beeindruckende Weise, das von Jochen Müller im letzten Jahr begonnene Thema anschaulich fortzusetzen und zu vertiefen.
Was bedeutet nun „schwierig"?
Zur Einführung stellte Dr. Rien eine für uns anonyme E-Mail in Auszügen vor:
- Eigentlich klappt es mit der Gruppe sehr gut.
- Denen ist nicht bewusst, dass mich das verletzt
- Ich möchte keinen aus der Gruppe ekeln, ABER ...
Alle Seminarteilnehmer wurden gebeten, sich einen „schwierigen" Menschen vorzustellen und dazu Punkte der eigenen Gedanken zu notieren.
Das Ergebnis an der Pinnwand zeigte, dass fast jeder Teilnehmer den „schwierigen" Menschen anders beschrieb.
Es gibt keine „schwierigen" Menschen! Wir machen sie nur „schwierig":
- Die eigene Machtlosigkeit ist das Empfinden über „schwierige" Menschen.
- Es wird nicht das Verhalten einer Person wahrgenommen, sondern das Bild, das man sich von der Person macht.
- Die Wahrnehmung wird von dem sozialen Zusammenhang, in welchem die Person steht, bestimmt (Erziehung, Konfession, Schicht, Partei, usw.).
- Nicht der Mensch, sondern seine Rolle (Mann, Frau, Lehrer, Polizist ... ) wird wahrgenommen.
- Über Einzeleigenschaften werden andere Eigenschaften zugeordnet.
- Es werden Persönlichkeitseigenschaften wahrgenommen, die man selbst hat.
- Man sieht bei anderen Menschen die Eigenschaften, die man selbst nicht wahrhaben will.
- Das Bild einer Person richtet sich sehr stark nach dem ersten Eindruck.
- Die Wahrnehmung orientiert sich an einer hervorstechenden Einzeleigenschaft.
Was bedeutet nun ein "schwieriger" Mensch für uns:
- Der ist anstrengend
- der nervt
- der ist komisch
- der ist anders
- warum ist der so?
- der ist distanzlos
- der riecht, usw. ...
Die Gefahr durch Mobbing ist nicht zu unterschätzen und besteht auch bei Hörgeschädigten:
- die sind anders
- sind auffällig
- sind komisch
- die „nerven"
Was macht es mit uns, wenn wir mit „schwierigen" Menschen umgehen:
- hilflos
- machtlos
- überfordert mich
- bin genervt
- werde ungeduldig
- habe Zeitverlust
Es stellt sich nun die Frage: Wie werde ICH von anderen wahrgenommen?
- Bin ich nicht auch schwierig/anstrengend für andere?
- Wie sehen mich „Hörende"? (... wenn ich oftmals nichts oder wenig verstehe)
- Bin ich arrogant/anmaßend? (Wer entscheidet über die Norm?)
- Falle ich auf eine Projektion herein?
- Wie nehme ich mich selbst wahr?
- Sehe ich mich wirklich so wie ich bin oder täusche ich mich selbst, unterliege ich Verzerrungen, Verleugnungen oder Verdrängungen, weil ich gerne anders wäre (mich in Wunschbildern sehe)?
- Ein falsches Selbstbild führt bei unpassendem Verhalten zu sozialen Konflikten.
Übungen im Rollenspiel
Ansprechende Rollenspiele rundeten das hochinteressante Seminar ab. So war eine Aufgabe, dass sich bei einem Flugzeugabsturz Überlebende mit geteilten Meinungen sachlich und gewaltfrei austauschen und von der "richtigen" Meinung überzeugen (bleibe ich am Flugzeugwrack und warte auf Hilfe oder laufe ich durch die Wüste, um mich selber zu retten?). Erschwert wurde diese Aufgabe, als Dr. Rien einzelne Konfliktgegner in der Gruppe verwandtschaftlich verknüpfte.
Ein anderes Beispiel wurde mit der Videokamera gefilmt, um sich selbst in Konfliktsituationen zu betrachten. Dabei ging es um einen "schwierigen" Menschen in der SHG, der sich selbst sehr wichtig nimmt und nicht kompromissbereit ist.
Die lange Reise nach Bad Grönenbach hat sich wieder gelohnt. Die Teilnehmer bemerkten, dass GfK ein allumfassendes Thema ist, welches man nicht an einem Wochenende abschließend erlernen kann. Mit einigen Tipps und Tricks schafft man es, sich die Theorie zu verinnerlichen, praxisnahes Training kann man täglich üben.
Vielen Dank an Dr. Rien, der uns mit vielen neuen Gedanken auf den Heimweg schickte. Und besten Dank auch an die Helios-Klink "Am Stiftsberg" sowie dem Allgäu Resort, die uns den Aufenthalt in Bad Grönenbach wieder so komfortabel und unvergesslich werden ließen.